Das Violinthema aus dem musikalischen Märchen „Peter und der Wolf“ von Sergej Prokofiev ist einer der ersten Ohrwürmer der Kindheit. Bis heute ist das Werk ein fester Bestandteil der musikalischen Früherziehung – weltweit. Die Geschichte um Peter, der listenreich den Wolf besiegt und die dabei spielerisch die Instrumente des Orchesters erklärt, ist in fast jedem Kinderzimmer zu finden. Und für viele war und ist dieses Stück die erste Berührung mit klassischer Musik.
Die Rezeptionsgeschichte des Werks ist spannend wie ein Krimi: Hollywood-Legende Walt Disney war der erste, der Prokofievs Klassiker verfilmte. 1938 reiste Prokofiev selbst nach Hollywood, um Disney seine Musik vorzuspielen. Das Stück wurde als Jazz- und Rockversion bearbeitet und mit prominenten Sprechern besetzt – unter anderem mit dem Frankenstein-Darsteller Boris Karloff, Lina Prokofiev, Prokofievs Frau, mit Jaques Brel, Liselotte Pulver, Loriot, Sting und sogar mit Michail Gorbatschow. „Peter und der Wolf“ ist eines der international bekanntesten Werke der klassischen Musik. Aber das ist nicht alles: Wie das Stück erzählt wurde, war immer auch abhängig vom Zustand der Welt. „Peter und der Wolf“ ist eine musikalische Fabel – und ihre Deutung und Mythologie wandelten sich durch Kriege und Krisen hindurch ständig.
Der Film will dem bekannten Werk auf zwei Wegen nahekommen. Zum einen musikalisch, indem die Komposition, die Rollen der Instrumente und die Wirkung der Themen und Motive leicht verständlich erklärt werden und zum anderen historisch, mit einer spannenden biografisch-geschichtlichen Spurensuche, die von der Entstehung des Stücks kurz vor dem zweiten Weltkrieg erzählt, von seiner Rezeption im Krieg und danach im Kalten Krieg zwischen Ost und West und dann nach dem Fall des Eisernen Vorhangs.
Gemeinsam mit Musikern der Duisburger Philharmoniker, mit Film- und Musikhistorikern, Zeitzeugen, der Trickfilmregisseurin Suzie Templeton und Nachfahren des Komponisten geht der Film auf eine ebenso facettenreiche wie bewegende Zeitreise in die Geschichte und Gegenwart des Werkes. Sie beginnt 1935 in Paris, von wo Prokofiev nach Moskau aufbricht und wo seine Familie heute wieder lebt. Warum ging er zurück nach Moskau? Zurück in das Land, das er damals nach der Oktoberrevolution 1918 verlassen hatte, um in Freiheit komponieren zu können? Was bewegte ihn, sich dem stalinistischen Regime und dessen Einflussnahme auf seine Kunst auszusetzen? Sah sich Prokofiev etwa selbst als Peter, der glaubte den Wolf, Stalin, besiegen zu können?
Während Instrumentalsolisten ihren Part innerhalb des Stückes erklären, und die musikalischen Aspekte des Werkes analysieren und interpretieren, sucht der Film gemeinsam mit den Nachfahren Prokofievs und der Auftraggeberin des Werkes, der Kindertheater-Regisseurin Natalia Saz, an Originalschauplätzen in Moskau nach Quellen für seine Entstehungsgeschichte in den Jahren 1935/36.
Welche Hinweise geben die Aufzeichnungen des Komponisten? Unter welchen Bedingungen entstand „Peter und der Wolf“? Was hat das Werk mit Prokofievs eigener Kindheit und seiner Rückkehr von Paris nach Moskau zu tun? Stimmt es, dass sich in der Handlung von „Peter und der Wolf“ eine geheime politische Botschaft verbirgt? Symbolisiert Peter das listenreiche kommunistische Russland und der Wolf das hochgerüstete und kriegsbereite Nazideutschland? Noch vor dem Zweiten Weltkrieg reist Prokofiev nach Hollywood, um Walt Disney vorzuspielen, der „Peter und der Wolf“ als Trickfilm produzieren will. Disneys Zeichner arbeiten fieberhaft an den Charakteren. Doch dann erklärt Amerika Deutschland den Krieg. Disney muss andere Filme produzieren. Propagandafilme für die Navy und die Airforce. Peter und dem Wolf ist der erste Trickfilm, den Walt Disney nach dem Krieg fertigstellt und in die Kinos bringt?
Der Film gibt Antworten auf diese Fragen und zeigt mit zahlreichen Musikbeispielen, mit dokumentarischen Neudrehs, reduziert eingesetzten Re-Enactments und historischem Foto- und Filmmaterial wie „Peter und der Wolf“ im Auftrag und in Zusammenarbeit mit der Moskauer Regisseurin und Kindertheater-Direktorin Natalia Saz entstand, wie sich Prokofievs Musikmärchen nach seiner Uraufführung 1936 und dem zweiten Weltkrieg über Hollywood in aller Welt verbreitete und warum es bis heute Kinder und Erwachsene aller Nationen fasziniert und begeistert.
Buch
Axel Brüggemann
Regie
Axel Fuhrmann
Darsteller
Isabel Karajan - Natalja Saz
Charlotte Brüggemann - Roksana Saz
Alexander Eberle - Sergej Prokofiev
Musiker
Tonio Schibel, Violine
Stephan Dreizehnter, Flöte
Jens Thoben, Klarinette
Marcie McGaughey, David Barreda und Nicolai Frey, Horn
Hinrich Thomsen, Fagott
Frank Zschäbitz, Pauke
Dalia El Guindi, Oboe
Fachberatung
Roksana Saz
Sir Christopher Frayling
Kamera
Dion Mieske
Chris Hecker
Kameraassistenz
Sebastian Behler
Maske
Hanna Mika
Ton
Michael Schechwitz
Konstantin Kirilow
Sebastian Behler
Komposition
Marc Schubring
Schnitt
Kordula Grünwald
Tonmischung
Klaus Ramma
Animation
Klaus Ramma
HD-Supervisor
Walter Klein
Produktionsassistenz
Frederik Fuhrmann
Anton Latynin
Sprecher
Walter Gontermann
Jule Vollmer
Vanessa Wunsch
Olaf Reitz
Raymond Dudzinski
Dank an
Dr. Albert Michael Tilmann
Olga Bigildinskaia
Anastasia Rakhmanova
Duisburger Philharmoniker
Markt und Schausteller Museum Essen
Hotel National Moskau
Natalja Saz Theater Moskau
Russisches Akademisches Jugendtheater RAMT Moskau
Glinka Museum Moskau
Royal Academy London
Film- und Bild-Archive
Breakthru Films, London
NARA National Archives and Records Administration, Washington
Natalja Saz Theater, Moskau
The Walt Disneys Studios, Burbank
Musikvideos
“Jerk Driver” by Gabriel Prokofiev & Peter Gregson
filmed by Andrejs Prijma for Prime Recordz
courtesy of Nonclassical recordings.
“Nonclassical Club @ XoYo.
directed & produced by Mari Shibata
courtesy of NONCLASSICAL Projects.
Musik
Sergej Prokofiev „Peter und der Wolf“
Verlag Sikorski
Redaktion
Eva Wochner (ARTE)
Winifred König (MDR)
Produzent
Axel Fuhrmann
Eine Produktion der DokFabrik
in Zusammenarbeit mit Perspektive Medienproduktion
Eine Co-Produktion von MDR und DokFabrik
in Zusammearbeit mit Arte
© 2014