Stimme für Millionen – Die Rudolf Schock Story

Rudolf Schock Alpen

1966 sehen 32 Millionen Zuschauer im Ersten Programm die Fernseh-Gala „Rendezvous mit Rudolf Schock“. Eine Einschaltquote, vergleichbar mit der des Fußball-WM Finales 2014 und das in Zeiten des geteilten Deutschlands. Kein deutscher Opern- und Operetten-Tenor vor oder nach ihm erreichte eine derart große und dauerhafte Fernsehpopularität wie Rudolf Schock. Seine Fans verehren ihn bis heute.

Der Name Rudolf Schock (1915-1986) ist ein Mythos – eine Legende. Der Sohn eines Duisburger Hafenarbeiters war der Meistersinger der Nierentischzeit – mit 21 Chorsänger auf dem Grünen Hügel, mit 44 Bayreuths umjubelter Walther von Stolzing. Mit schimmerndem Glanz in den hohen Lagen, jugendlichem Elan und der Wertschätzung von Furtwängler und Karajan startete der Tenor rasch eine internationale Opernkarriere. 1948 debütierte er bei den Salzburger Festspielen und bald war er ein Star der Opernhäuser von Berlin, Hamburg, London und Wien. Zum singenden Volkshelden wurde Schock 1953 durch den UFA Film „Du bist die Welt für mich“, nach dessen Erfolg er viele weitere Kinofilme drehte und immer entschiedener ins ganz populäre Fach schwenkte: Operetten-, Wein-, Weihnachtslieder und eine Träne auf dem Stimmband machten ihn zum Dauergast in Wunschkonzerten, zum Renner der Plattenindustrie und zum Liebling der bundesdeutschen TV-Unterhaltung.

Der Aufstieg Rudolf Schocks zum Opern-, Operetten-, Film und TV-Star ist einzigartig. Kein klassisch ausgebildeter Tenor produzierte so viele Kinofilme, war in so vielen TV-Shows zu Gast wie Rudolf Schock. Und so ist er auch ein Stück Nachkriegs-Film- und -Fernsehgeschichte. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere baut der durchtrainierte Frauenschwarm sich und seiner Familie ein Haus samt Stallungen für mehrere Reitpferde am Starnberger See. Er lässt sich zum 50sten Geburtstag ein Turnierpferd schenken und fährt einen 600er Mercedes Pullmann.

So glanzvoll Schocks Triumphe im Wirtschaftswunder-Deutschland, so schicksalhaft tragisch sind die letzten Jahre des Opern- und Medienstars. 1968 stirbt seine Mutter, die er so sehr liebte. 1969 erleidet er einen Herzinfarkt, kann seine Karriere aber nach kurzer Pause fortsetzen. Dann, 1980, erkrankt seine Tochter Isolde an Krebs. Er und seine Frau ziehen von Starnberg nach Düren ins Rheinland, um ihr und ihrer Familie beizustehen. In einem seiner Filme, „Die Stimme der Sehnsucht“, (1956) hatte er kraft seiner Stimme ein kleines todkrankes Mädchen geheilt. Seiner Tochter kann er nicht helfen. Sie erliegt im Sommer 1983 ihrem Leiden. Ihr Tod trifft Schock schwer, doch er schont sich nicht, tritt weiterhin öffentlich auf. Am 13. November 1986 stirbt „Der deutsche Gigli“ unerwartet an Herzversagen. Die ganze Nation trauert um Rudolf Schock, die „Stimme für Millionen“.

Rudolf Schock hinterlässt einen gewaltigen Archivschatz an Fernsehaufzeichnungen, Operetten- und Spielfilmen. Die Aufnahmen, die in den ORF, ARD und ZDF Archiven liegen, zeugen von einer der glanzvollsten deutschen Stimmen des Tenorfachs, die es anlässlich seines 30sten Todestages 2016 wieder zu entdecken gilt.

Starallüren sind Rudolf Schock, der aus einfachsten Verhältnissen stammt und mit großem Fleiß, hoher Disziplin, viel Talent und der notwendigen Portion Glück zu einem der größten Tenöre der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wird, zeitlebens fremd. In den 1950er Jahren ist seine Karriere auf dem Höhepunkt: Engagements an den wichtigsten internationalen Opernhäusern, jedes Jahr ein neuer Kinofilm, Schallplattenaufnahmen mit den größten Sängern und Dirigenten seiner Zeit und 1959 ein gefeiertes Debüt bei den Bayreuther Festspielen als „Meistersinger“ Walther von Stolzing.

Er bleibt „Deutschlands beliebtester Tenor“ auch als er in den 1970er und 1980er Jahren mit Operetten, Schlagern und Volksliedern Dauergast in ARD und ZDF ist. Seine Auftritte bei der Fernsehgala zur Einführung des ZDF oder der ersten Live-Übertragung aus dem Bayreuther Festspielhaus, bei „Was bin ich“, in der „Peter Alexander Show“, im „Blauen Bock“, in „Erkennen sie die Melodie“ oder „Der Große Preis“ mit Wim Thoelke sind unvergessen und machen in zum Medienliebling der Deutschen. Aus dem bejubelten Opern-Weltstar der frühen Wirtschaftswunderjahre wird der „Fernsehtenor“, an den sich noch heute viele erinnern. Erst seit EMI Electrola Anfang der 2000er Jahre alle Opernaufzeichnungen mit Rudolf Schock herausbringt, beginnt man hinter dem „Fernsehtenor“ der letzten Jahre die grandiose Opernstimme wieder zu entdecken.

Dieser Film erzählt die Biografie Rudolf Schocks ausgehend von seiner Jugend in Duisburg, über den Zweiten Weltkrieg, seine beispiellose Nachkriegskarriere, seine größten Bühnen- und Medien-Erfolge, seine Krisen und persönlichen Tragödien bis zu seinem Tod in Düren 1986.

Dokumentarischer Neudreh an Originalschauplätzen in Duisburg, Wien, Salzburg, Berlin und am Starnberger See  (u. a.) sowie historische Film-, Bild-, Ton- und Schriftdokumente bilden die Grundlage des Films. Der Tenor Jonas Kaufmann nähert sich der Persönlichkeit Rudolf Schocks. Er besucht Archive, forscht in Archiv-Dokumenten, spricht vor Ort mit Experten, Zeitzeugen und Nachfahren, um sich ein umfassendes Bild von Rudolf Schock zu machen. Anhand von Film- und Fernsehaufzeichnungen sowie Plattenaufnahmen wird Jonas Kaufmann uns die Charakteristika der Stimme Rudolf Schocks verdeutlichen und zeigen, wie sich seine Stimme in den 50er-60er Jahren von der Opern- zur Operettenstimme wandelte. Schocks Biografie und die Plots seiner Filme weisen erstaunliche Parallelen auf. Davon erzählen seine Nachfahren, sein Freund Heino und ehemalige Filmpartnerinnen und –Partner.

Der Film führt die Zuschauer zu den Orten, wo Rudolf Schock zur „Stimme für Millionen“ wurde – zu den Opernbühnen und den Film- und Fernsehstudios, die ihn berühmt machten.