FINLANDIA – JEAN SIBELIUS’ HYMNE DER FREIHEIT

Sibelius

Kein Werk von Jean Sibelius (1865–1957) ist enger mit dessen Biografie verwoben, keines  politisch aufgeladener und keines enger mit dem Kampf der Finnen um Freiheit und Unab-hängigkeit verbunden, keines wird weltweit öfter gespielt als Finlandia. Ob gecovert von Pop- oder Heavy Metal-Bands, verwendet als Filmmusik, in England und Italien bekannt als Kirchenlied, von Militär- oder Heilsarmeekapellen gespielt oder bei Flashmobs von Finninnen und Finnen auf der Straße gesungen – das Werk ist omnipräsent und Teil der finnischen Seele.

Finlandia war und ist das Symbol nationaler Identität der Finnen im Kampf gegen die rus-sische Fremdherrschaft, von der Jahrhundertwende bis zur finnischen Unabhängigkeitserklärung 1919, vom Ersten über den Zweiten Weltkrieg bis heute. 1939 kämpft Finnland wieder gegen Russland. Der Winterkrieg fordert viele Todesopfer. Als Hitlerdeutschland dann am 22. Juni 1941 der Sowjetunion den Krieg erklärt, ziehen eine halbe Million Finnen an der Seite der Wehrmacht in den Krieg. Der Dichter Veikko Antero Koskenniemi schreibt zu diesem Anlass ein patriotisches Gedicht auf den langsamen Mittelteil von Finlandia. Von nun an gilt das Werk endgültig als Hymne aller Finnen.

Sibelius selbst jedoch ist innerlich zerrissen. Einerseits sympathisiert er mit den Nationalsozialisten – trotz ihrer menschenverachtenden Rassenideologie. Andererseits hat er in England und Amerika, die als Alliierte gegen das Deutsche Reich kämpfen, seine größte Fangemeinde. Ein Dilemma und wirtschaftlich für Sibelius ein Desaster. Er wird von tiefen Zweifeln geplagt. Doch als auf Wunsch von Joseph Goebbels 1942 in Berlin eine deutsche Sibelius Gesellschaft gründet wird, bedankt sich Sibelius überschwänglich in einer Rundfunkansprache, die bei der Eröffnungsfeier im Reichsrundfunk übertragen wird.

Finlandia ist Sibelius Schicksalswerk. Geschrieben auf dem Höhepunkt seines privaten und künstlerischen Lebens ist Finlandia sein größter Triumph. Sogar Leonard Bernstein stellt das Werk in seinen Joung Peoples Concerts als klingendes Beispiel für den Wunsch nach natio-naler Freiheit vor. Das Werk macht Sibelius zwar zur Symbolfigur der finnischen Befrei-ungsbewegung. Doch es ist zugleich auch eng verwoben mit der größten Tragödie seines Lebens. Seine Sympathie für Nazideutschland und die Erkenntnis, dass er sich politisch missbrauchen ließ, stürzen ihn in eine tiefe, seine letzten Jahre überschattende Depression.

Der Komponist, dessen Schicksalswerk den Finnen stets Kraft im Kampf um Selbstbestim-mung und nationale Identität gab, stirbt am 20. September 1957 an einem Hirnschlag. Zehn Tage später überträgt das finnische Fernsehen zu den Klängen von Finlandia die Trauerfeier und Überführung seines Leichnams von Helsinki nach Ainola, wo Sibelius im Garten seines Hauses in Anwesenheit des finnischen Staatspräsidenten, beigesetzt wird.

Gedreht an Originalschauplätzen in Finnland, Deutschland und Österreich erzählt der Film die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von Finlandia. Im Mittelpunkt steht die Spurensuche der Protagonisten des Films nach Antworten auf die Fragen, wie Finlandia entstand, warum das Werk Sibelius berühmt machte und bis heute weltweit das bekannteste seiner Stücke ist.